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Teil 2: Traumasensible Kita – wenn kleine Kinder große Lasten tragen und Erwachsene Halt geben

Der Alltag in der Kita ist lebendig, bunt – und oft herausfordernd. Immer mehr Kinder bringen emotionale Belastungen mit: sei es durch frühe Trennungserfahrungen, eine unruhige Schwangerschaft, Geburtstraumata, familiäre Konflikte, Reizüberflutung oder gar Flucht und Verlusterfahrungen. Viele dieser Eindrücke sind für Kinder kaum einzuordnen – sie speichern sich dennoch tief im Nervensystem ab.

Pädagoginnen sind häufig die ersten, die diese feinen Signale wahrnehmen. Sie erleben Kinder, die sich ungewöhnlich stark zurückziehen, häufig weinen, sehr laut oder wütend werden oder sich kaum regulieren lassen. Eine traumasensible Haltung bedeutet hier: nicht zu bewerten, sondern zu verstehen. Nicht die Frage „Was stimmt nicht mit diesem Kind?“ – sondern: „Was hat es erlebt? Was braucht es gerade?“

Diese Haltung erfordert viel Kraft, Aufmerksamkeit – und innere Stabilität. Denn Fachkräfte wie auch Eltern begegnen nicht nur der Lebendigkeit der Kinder, sondern oft auch ihrer Not. Und diese Not berührt manchmal etwas im eigenen Inneren. Wenn ein Kind schreit, sich verweigert oder in sich versinkt, kann das starke Gefühle auslösen – besonders dann, wenn eigene alte Verletzungen, Überforderungen oder Ängste mitschwingen.

Deshalb gilt in einer traumasensiblen Kita: Wir schauen nicht nur auf das Kind – wir schauen auf das gesamte System. Und das bedeutet auch: Die emotionale Begleitung von Pädagoginnen und Eltern gehört mit in den Blick. Denn je regulierter die Erwachsenen sind, desto mehr Sicherheit und Co-Regulation können sie dem Kind anbieten.

EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) kann hier auf zwei Ebenen wirksam unterstützen:

1.    Für Pädagoginnen und Eltern selbst: In EMDR-Sitzungen können eigene belastende Erfahrungen, Stressmuster oder emotionale Trigger verarbeitet werden – sei es aus dem aktuellen Familienalltag oder aus der eigenen Kindheit. Wenn Erwachsene emotional freier werden, verändert sich auch das System: die Atmosphäre entspannt sich, Reaktionen werden verständlicher, Beziehung wird leichter. Eltern wie Fachkräfte berichten, dass sie danach gelassener, präsenter und mitfühlender mit dem Kind umgehen können – selbst in herausfordernden Momenten.

2.    Für Kinder – indirekt und direkt: In Zusammenarbeit mit EMDR-Therapeutinnen kann auch für kleine Kinder eine kindgerechte, behutsame Begleitung angeboten werden, um frühe oder aktuelle Überforderungen sanft zu verarbeiten. Gleichzeitig können pädagogische Teams durch Weiterbildung traumasensibles Wissen vertiefen und kleine regulierende Impulse in den Alltag integrieren: rhythmische Bewegungen, Schaukelspiele, achtsame Sprache, Körperwahrnehmung (z. B. Hände abklopfen), strukturierende Übergänge.

Kinder, die sich sicher fühlen, dürfen wachsen. Und sie brauchen Erwachsene, die feinfühlig auf ihre unausgesprochenen Bedürfnisse reagieren. Wenn Pädagoginnen und Eltern sich selbst gut begleiten lassen, entsteht ein Raum, in dem auch die Kinder innerlich zur Ruhe kommen können.

Eine traumasensible Kita ist kein Ort der Perfektion – sondern ein Ort des Mitgefühls, der Stabilität und echter Beziehung. EMDR kann dabei ein wirksamer Baustein sein, um bei Kindern und Erwachsenen gleichermaßen mehr Sicherheit, Verbindung und innere Entlastung entstehen zu lassen.

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